Aufruf zur elften bundesweiten Aktionswoche für Kinder aus Suchtfamilien

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BERLIN / HAMBURG - Die vergessenen Kinder sind – dank dem Deutschen Bundestag – endlich auf der politischen Agenda. Mit einem Entschließungsantrag aus dem Juni 2017 hat das Parlament entschieden, dass suchtbelastete Familien und die insgesamt ca. 3 Mio. Kinder eine optimale interdisziplinäre Versorgung bekommen sollen. Der Bundestag stellte u.a. fest:  
 
„Kommunale Angebote, lokale Initiativen und ehrenamtliches Engagement sind wichtige Elemente in der Unterstützung psychisch (und sucht-)kranker Eltern und ihrer Kinder. Sie müssen jedoch personell und finanziell zu einem strukturellen und flächendeckenden Unterstützungssystem ausgebaut werden. Erprobte Modelle müssen deshalb systematisch in ihrer Wirkung analysiert und dann in die sozialen Regelsysteme überführt und verstetigt werden.“
 
Hierfür wurde eine Arbeitsgruppe „Kinder psychisch- und suchtkranker Eltern“ einberufen. Kurz vor Weihnachten übergab sie Ihren Abschlussbericht an den Bundestag. Leider ist es nicht gelungen, sich in der Arbeitsgruppe über konkrete Finanzierungsmodelle für viele der dringend erforderlichen Hilfen zu einigen. Vieles, was in der Arbeitsgruppe diskutiert und von den in die AG berufenen Expert/innen für notwendig erachtet wurde, fand nicht die Unterstützung der drei ebenfalls in die AG berufenen Fachministerien für Gesundheit (BMG), Familie und Jugend (BMFSFJ) sowie Soziales (BAS). So ist am Ende leider nur ein Minimalkompromiss herausgekommen. Zwar stehen in dem Bericht gute und richtige Ansatzpunkte, doch zu entscheidenden Fragen, die dringend hätten beantwortet werden müssen, schweigt sich der Bericht aus.  
 
Für Kinder aus suchtbelasteten Familien existieren in Deutschland schätzungsweise 200 spezialisierte Hilfeangebote, die die Kinder dabei unterstützen, möglichst unbeschadet aus der belasteten familiären Situation hervor zu gehen. Die Effektivität dieser Angebote ist in der Praxis vielfach erwiesen. Doch kommen heute nur sehr wenige der insgesamt drei Millionen betroffenen Kinder in den Genuss dieser Angebote. Sie wären in jeder Gemeinde nötig, damit mehr Kinder Unterstützung erhalten, um sich gesund zu entwickeln. Für diese Angebote gibt es bislang keinerlei gesetzliche Regelung zur Finanzierung. Sie waren und sind auf den guten Willen der Kommune, der Träger und/oder auf Spenden angewiesen. Dies droht auch so zu bleiben. Die Initiatoren der Aktionswoche und die an ihr beteiligten Aktivist/innen rufen die Abgeordneten des Deutschen Bundestages dazu auf: Bitte, denken Sie über den Bericht der Arbeitsgruppe hinaus. Suchen Sie Lösungen für diese offenen Fragen:
 
• Bekanntlich leiden die meisten Kommunen unter großer Finanznot. Schon für die bisherigen Aufgaben in der Jugendhilfe sind sie nicht mit ausreichenden Mitteln ausgestattet. Wie soll eine Gemeinde präventive Gruppenangebote z.B. für Kinder aus suchtbelasteten Familien über ihre Jugendhilfebudgets finanzieren, wenn sie von den Ländern nicht hinreichend mit Geldern ausgestattet wird?

• Wie soll sich in Deutschland ein flächendeckendes Hilfesystem entwickeln, wenn die Hürden für Förderungen so gestaltet sind, dass die von den Krankenkassen zur Verfügung stehenden Mittel nicht in Anspruch genommen werden können? 

Wie sollen freie Träger für ihre Gruppenangebote Zugang zu Förderungen z. B im Rahmen des Bündnisses für Gesundheit der gesetzlichen Krankenkassen erhalten, wenn sie keine Antragsberechtigung haben? Dies steht nur den Kommunen zu. Wenn die Angebote (wegen fehlenden Problembewusstseins oder fehlenden Mitteln für den zu entrichtenden Eigenanteil der Gemeinde) nicht die nötige Unterstützung durch die Kommune haben, sind sie von Förderungen praktisch ausgeschlossen. Von einer Regelfinanzierung kann unter diesen Bedingungen nicht die Rede sein.

Auch sollte der Bundestag die Bundesregierung in die Pflicht nehmen, folgende im Entschließungsantrag ebenfalls beschlossen Forderungen endlich umzusetzen:  
 
Durchführung von Aufklärungsmaßnahmen, mit denen die Bevölkerung über psychische und Suchterkrankungen sowie über Beratungsangebote und Therapiemöglichkeiten informiert sowie der Stigmatisierung Erkrankter entgegengewirkt und eine Enttabuisierung in Gang gesetzt wird.
 
• Feste Integration des für die Versorgung von Kindern und deren psychisch oder suchtkranker Eltern notwendigen Handlungswissens und der Handlungskompetenzen in die Aus- und Weiterbildung u. a. von Erzieher/innen, Lehrer/innen, Ärztinnen und Ärzten, psychologischen Psychotherapeut/innen sowie Kinder- und Jugendpsychotherapeut/innen.
 
Kinder aus Suchtfamilien sind die größte bekannte Risikogruppe für eine eigene Suchterkrankung und lebenslang hochgefährdet für psychische Krankheiten sowie soziale Störungen. Laut dem aktuellen DAK-Kinderreport entfallen auf diese Kinder um 32 Prozent höhere Gesundheitskosten. Auch ist die Gefahr, Bildungsversager zu werden, bei diesen Kindern besonders hoch. Dafür sind in der Regel nicht mangelnde Intelligenz, sondern die ständigen Sorgen um die Eltern, das geringere Selbstbewusstsein, Versagensängste, geringere Stimulanz im Elternhaus und Defizite in der sozialen Kompetenz ursächlich. Studien legen nahe, dass die Schädigungen der Kinder in der lebenslangen Perspektive zu Kosten in Milliardenhöhe führen. Das Leid der Kinder ist mit Geld nicht zu ermessen.
 
Wie in jedem Jahr wird die bundesweite Aktionswoche für Kinder aus Suchtfamilien die politischen Forderungen mit zahlreichen Veranstaltungen und Aktionen unterstreichen. Alle Einrichtungen, Initiativen, Projekte aus Jugend- und Suchthilfe und der Sucht-Selbsthilfe und ihre Verbände sind eingeladen mitzumachen. Die Veranstaltungen sorgen dafür, dem Thema mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen, Wissen zu vermitteln, Hoffnung zu verbreiten und betroffenen Familien und den Kindern Wege zu Hilfe und Genesung zu weisen.    
 
Die Fort- und Weiterbildungsangebote im Rahmen der Aktionswoche zielen auf das Bildungs- und Gesundheitssystem sowie die Jugend- und Suchthilfe. Insbesondere Kindergärten, Schulen und weitere Jugendeinrichtungen sind in besonderer Weise geeignet, die Kinder so zu unterstützen, dass sie sich trotz Widrigkeiten relativ gesund entwickeln können.
 
Alle Informationen zu Veranstaltungen und Anregungen zum Mitmachen finden sich auf der Website www.coa-aktionswoche.de  Kontakt: info@coa-aktionswoche.de

Zeitgleich finden in der Schweiz die Aktionswoche für Kinder von suchtkranken Eltern und in den USA sowie in Großbritannien die Children of Alcoholics Week statt. Schirmherrin der deutschen Aktionswoche ist die Schauspielerin Katrin Sass.  
Die Aktionswoche für Kinder aus Suchtfamilien wird im Rahmen der Selbsthilfeförderung nach § 20 h Sozialgesetzbuch V finanziert durch die
 
Die Aktionswoche ist eine Gemeinschaftsinitiative von:  

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Die Aktionswoche für Kinder aus Suchtfamilien wird im Rahmen der Selbsthilfeförderung nach § 20 h Sozialgesetzbuch V finanziert durch die

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geschrieben am 20.1.2020

Nachricht von NACOA

 

 

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