Glücksspielsüchtige Eltern

Hilfe, meine Eltern zocken zu viel!

Was genau ist Glücksspiel? 

Von einem Glücksspiel spricht man, wenn diese beiden Dinge erfüllt sind:

  1. Es wird um Geld gespielt. Es wird Geld eingesetzt und es kann welches gewonnen werden. 
  2. Ob gewonnen wird oder nicht, hängt vor allem vom Zufall ab. Fähigkeiten oder Kenntnisse spielen keine oder nur eine untergeordnete Rolle.

Es gibt viele verschiedene Arten von Glücksspiel. Vielleicht kennst du manche davon bereits:

  • Keno
  • Rubbellose
  • Roulette
  • Poker
  • Geldspielautomaten
  • Sportwetten
  • Online-Glücksspiele
  • Simulierte Glücksspiele
  • Hütchenspiele

Was ist so schlecht an Glücksspielen? Warum machen Glücksspiele süchtig?

1.    Man kann gar nicht richtig gewinnen. Das liegt an der Struktur des Spiels. Die Spielenden müssen insgesamt deutlich mehr verlieren, als sie gewinnen, nur so können Casinos oder andere Glücksspielanbietende einen Profit erwirtschaften. Das Problem ist, dass das Spiel darüber hinwegtäuscht und viele Spielende dennoch glauben, mit der richtigen Strategie gewinnen zu können. Dieser Glaube wird dadurch bestärkt, dass tatsächlich ab und zu gewonnen wird. Diese Gewinne haben aber nur zum Ziel, die Spielenden zum Weiterzocken zu motivieren, sodass sie noch mehr Geld verlieren werden.
Wenn dich die genauen Eigenschaften von Glücksspiel interessieren, die dafür sorgen, dass trotz teils hoher Einsätze immer weitergespielt wird, solltest du einen Blick auf folgende Website werfen:

Glücksspiel – Faules Spiel

2.    Glücksspiel macht süchtig. Viele Menschen, die mit dem Glücksspielen begonnen haben, können nicht einfach wieder damit aufhören. Man spricht dann von einer Glücksspielsucht, das ist eine ernstzunehmende Erkrankung. 

Diese Erkrankung kann schlimme Folgen für die süchtige Person haben. Hier sind einige Beispiele:

•    Schuld- und Schamgefühle: Vielen Menschen mit Glücksspielsucht ist gar nicht richtig bewusst, dass es sich um eine Erkrankung handelt und sie deshalb nicht daran schuld sind, dass sie nicht einfach so mit dem Spielen aufhören können. Sie machen sich dann häufig Vorwürfe. Viele haben das Gefühl, nicht richtig für ihre Familie da sein zu können. Sie möchten gute Eltern sein, aber die Sucht macht es ihnen schwer, zu Hause alles im Griff zu haben.

•    Geldprobleme: Da Glücksspielsüchtige immer mehr Geld beim Spiel verlieren, treten bei den allermeisten Betroffenen früher oder später Geldprobleme auf. Manche verschulden sich, manche haben Probleme, die Miete oder zum Beispiel die Klassenfahrt für ihre Kinder zu bezahlen. 

•    Probleme in der Familie: In den allermeisten Familien, in denen ein Familienmitglied glücksspielsüchtig ist, gibt es viele ernsthafte Probleme. Es gibt oft Streit, es kann auch zu Trennungen oder Scheidungen kommen. Besonders leiden darunter kannst Du als Kind.

•    Veränderungen in der Persönlichkeit: Viele spielsüchtige Menschen verändern sich mit der Zeit. Sie sind dann beispielsweise häufiger gereizt. Schon kleine Dinge können sie auf die Palme bringen, manchmal ist für Außenstehende auch gar kein Auslöser erkennbar. Es ist wichtig zu verstehen, dass dies nicht mit Absicht geschieht. Die spielende Person ist vermutlich frustriert, da sie selbst merkt, dass sie ein Problem hat. Vielleicht hat sie gerade Geld verloren. Damit kann sie nicht gut umgehen und hat ihre Gefühle nur schlecht im Griff. Es kann dazu kommen, dass sie sich unfair gegenüber geliebten Menschen verhält, oft schämt sie sich später dafür.

•    Probleme auf der Arbeit: Bei vielen glücksspielsüchtigen Menschen entstehen auf Dauer auch berufliche Probleme. Sie sind häufig nicht mehr bei der Sache, können sich nicht mehr konzentrieren, fehlen oder haben auch hier ihre Gefühle nicht mehr unter Kontrolle. Im schlimmsten Fall kann das zum Verlust des Arbeitsplatzes führen.

•    Kriminelle Handlungen: Einige glücksspielsüchtigen Menschen werden auch kriminell. Das geschieht nicht, weil sie böse oder schlechte Menschen sind, eher im Gegenteil: Angesichts zunehmender Geldsorgen wissen sie häufig nicht, wie sie sich oder ihre Familie weiterversorgen können. Bevor die Familie darunter leiden soll, indem beispielsweise nicht mehr genug Geld für Essen oder gute Kleidung da ist, versuchen sie, etwas dagegen zu unternehmen. Diese Hilfslosigkeit kann dazu führen, Straftaten zu begehen, um an Geld zu kommen. 

•    Suizidversuche: Im allerschlimmsten Fall kann es zu Selbstmordversuchen kommen. Das kann passieren, wenn die süchtige Person sich einfach nicht mehr zu helfen weiß und sich nicht vorstellen kann, wie sie in Zukunft ihr Problem mit dem Glücksspiel in den Griff bekommen kann. Deswegen ist es ganz wichtig, dass die Person Hilfe bekommt und sich jemandem anvertraut.

Bei allem darf aber nicht vergessen werden, dass die Glücksspielsucht die ganze Familie betrifft, vor allem die Kinder der Betroffenen:

In Familien mit einem glücksspielsüchtigen Elternteil kommt es oft zu Geheimnistuerei. Viele Eltern versuchen, die Sucht und all die Probleme damit vor ihrem Kind zu verstecken, um es nicht zu belasten. Natürlich merken Kinder und Jugendliche trotzdem, dass etwas nicht stimmt! In anderen Familien bitten die Eltern ihre Kinder darum, niemandem von dem Problem zu erzählen, weil es ihnen peinlich ist oder sie Sorge haben, dass es öffentlich oder gar das Jugendamt eingeschaltet wird. 

In einigen Familien wird ständig gestritten. Das kann für alle sehr belastend sein und besonders die Kinder leiden unter der angespannten Situation zuhause. Das Unfaire dabei: Kinder können rein gar nichts für die Situation, leiden aber trotzdem darunter. Viele sind traurig, ziehen sich zurück, weil sie mit niemandem darüber sprechen dürfen oder wollen, fühlen sich schuldig. Andere nach Hause einladen ist auf einmal eine Horrorvorstellung, denn es wird ja ständig gestritten und das wird sicher unangenehm. Oft ist auch gar kein Geld da, sodass Kinobesuche oder Ausflüge nicht bezahlt werden können. Das schließt Kinder von vielen Aktivitäten aus! Es kann sehr schwer sein, neue Freundschaften zu knüpfen oder alte aufrechtzuerhalten, wenn man nie an den Aktivitäten der Anderen teilnehmen kann.²

Hier kannst du die Geschichte von Mira lesen. Es ist zwar nur eine Geschichte, aber sie erklärt gut, wie es zu Hause aussehen kann, wenn ein Elternteil glücksspielsüchtig ist:

„Mira ist zwölf Jahre alt und wohnt zusammen mit ihren Eltern und ihrem kleinen Bruder in einem kleinen Haus am Stadtrand. Früher hat Mira sich zu Hause immer wohlgefühlt. Seit ein paar Jahren merkt sie aber, dass etwas nicht stimmt. Ihr Vater ist immer weniger zuhause und wenn er abends kommt, ist er oft gereizt. Zeit, mit ihr zu spielen, hat er auch keine mehr. Auch Miras Mutter hat sich verändert. Sie wirkt jetzt oft müde und irgendwie traurig. Miras Mutter hat vor Kurzem einen neuen Job angenommen, obwohl sie eigentlich schon den halben Tag in einem Büro arbeitet. Seitdem ist sie auch wenig zuhause und Mira muss oft, statt ihre Hausaufgaben zu machen oder sich mit ihren Freundinnen zu treffen, auf ihren kleinen Bruder aufpassen. Obwohl beide Eltern viel arbeiten, ist nie genug Geld da und Miras Familie ist seit drei Jahren nicht mehr in den Urlaub gefahren. Das findet Mira zwar schade, aber das Schlimmste ist eigentlich, dass sich ihre Eltern ständig streiten. Um Mira nicht zu belasten, erzählen ihre Eltern ihr nicht, was los ist und versuchen das Problem des Vaters zu vertuschen. Wie die meisten Kinder spürt Mira trotzdem, dass zuhause etwas nicht in Ordnung ist. Sie kann es nur nicht richtig zuordnen. Da Mira nicht versteht, was ihre Eltern beschäftigt, hat sie Angst, dass sie vielleicht selbst an der schlechten Stimmung zuhause schuld sein könnte. Mira zieht sich immer mehr zurück, um ihren Eltern nicht zusätzlich „zur Last zu fallen“. Oft ist sie sehr traurig und weiß nicht mehr weiter.“
 

Was Mira nicht weiß: Ihr Vater leidet unter einer Spielsucht. Aber nicht nur ihr Vater leidet. Die ganze Familie leidet unter den Folgen.

So oder so ähnlich kann die Geschichte eines Kindes aussehen, dessen Familie von Glücksspielsucht betroffen ist. Aber es muss nicht immer genau so sein, denn:

Jede Familie ist anders und jede Person, jedes Kind, reagiert unterschiedlich auf verschiedene Probleme.

Woran erkenne ich, ob jemand glücksspielsüchtig ist?¹

Zu erkennen, ob jemand spielsüchtig ist, ist schwierig. Im Gegensatz zu anderen Süchten, wie zum Beispiel einer Alkohol- oder Drogensucht, gibt es bei einer Glücksspielsucht kaum körperliche sichtbare Veränderungen, die auf ein Problem hindeuten. Außerdem verheimlichen Spielende, dass sie ein Problem haben oder reden es klein, auch, damit andere sich keine Sorgen machen.
 
Es gibt aber trotzdem ein paar Dinge, die einen Hinweis darauf liefern können, ob eine Person glücksspielsüchtig ist: 

•    Häufige Abwesenheit: Die Person ist viel weniger zu Hause als früher und es ist nicht klar, wo sie ist und was sie macht.

•    Geistige Abwesenheit: Die Person ist häufig in Gedanken verloren und bekommt nicht so viel von ihrer Umgebung mit. Sie ist dann gedanklich häufig beim Spiel oder damit zusammenhängenden Problemen. 

•    Viele süchtige Personen leiden unter Schlafstörungen. Sie sind häufig sehr lange wach und können nicht mehr durch- oder einschlafen.

•    Schlechte Stimmung oder Stimmungsschwankungen: Oft sind süchtige Personen sehr gereizt. Sie sind dann zum Beispiel aufbrausend, obwohl sie das früher eigentlich nie waren. Es kann auch zu sehr starken Stimmungsschwankungen kommen, die erstmal keinen erkennbaren Grund haben. Oft hängen diese Schwankungen mit dem Geldspiel zusammen.

•    Geldprobleme: oft kommt es zu plötzlichen Geldproblemen, ohne erkennbaren Auslöse (oder es ist bekannt, dass diese durch das Spiel verursacht wurden). Häufig wird das Geld immer knapper, manchmal ist auch nur unregelmäßig Geld vorhanden. Oft leihen sich Spielende auch hohe Geldsummen von Anderen, beispielsweise, um für die Miete aufkommen zu können oder für neue Spieleinsätze. Die Person leiht sich dann häufig Geld innerhalb der Familie oder dem Freundeskreis. 

•    Nicht eingehaltene Versprechen: vielleicht ist auch bereits bekannt, dass die Person spielt. Dass das Spiel ein problematisches Ausmaß erreicht hat, kann daran erkannt werden, dass die Person wiederholt versucht, mit dem Spielen aufzuhören, aber ohne Erfolg. 

•    Lügen und Geheimnisse: um das Spielen oder dessen Ausmaß zu verheimlichen, greifen viele Betroffene zur Lüge. Häufen sich diese Lügen, können sie häufig aufgedeckt werden.

•    Vernachlässigung wichtiger Personen: Die Person vernachlässigt ohne erkennbaren Grund ihr Umfeld, hat beispielsweise keine Zeit mehr für Familie oder befreundete Personen. Häufig ist die Person unzuverlässig und hält Versprechen nicht ein.

Das alles können Anzeichen dafür sein, dass eine Person glücksspielsüchtig ist. Aber viele der genannten Faktoren können auch andere Gründe haben. Beispielsweise kann es sein, dass das Elternteil unter schlechten Arbeitsbedingungen arbeiten muss, die obendrein auch noch schlecht bezahlt werden. Das kann dann auch ein Grund für Gereiztheit, Geldprobleme und Schlafstörungen sein. Aber wenn einige der genannten Dinge zutreffen, liegt es nahe, dass ein Problem mit Glücksspiel in der Familie vorhanden ist. 

Hilfe, ich glaube, meine Eltern sind glücksspielsüchtig! Was nun?

Wenn eines oder sogar beide deiner Elternteile glücksspielsüchtig sind, leiden nicht nur sie, sondern vor allem auch du!

Damit bist du aber nicht allein! Mehr als 150.000 Kinder und Jugendliche in Deutschland haben mindestens ein Elternteil, das glücksspielsüchtig ist. 

Es gibt drei Dinge, die du jetzt tun kannst und solltest:

1.    Versteh, dass die Probleme in deiner Familie nicht deine Schuld sind. Glücksspielsucht ist eine komplizierte Krankheit, an der aber niemand schuld ist, schon gar nicht du. Auch die Ausreden und Lügen zu Hause sind Teil der Sucht. Um das Thema besser zu verstehen, kannst du dich im Internet, in Büchern oder auf Beratungsplattformen informieren. 

2.    Tu Dinge, auf die du Lust hast und die dir guttun! Lass dir nicht einreden, dass deine Wünsche nicht so wichtig wären oder deine Gefühle nicht echt. Hör auf dein Bauchgefühl und nimm dir Zeit für dich! Vielleicht gibt es auch einen Jugendtreff, den du besuchen kannst. Die sind in der Regel sogar kostenlos.

3.    Suche dir Hilfe! Es ist sehr wichtig, dass du mit jemandem über das Problem und deine Sorgen sprichst. Elterliche Sucht ist ein schwieriges Thema und das kann man nicht allein bewältigen! Hast du eine erwachsene Person in deinem Umfeld, der du vertraust? Wende dich an sie. Du brauchst dich nicht für die Sucht deiner Eltern schämen und dich trifft auch keine Schuld daran! 

Du kannst auch überlegen, ob du vielleicht professionelle Hilfe in Anspruch nehmen möchtest. Es gibt viele kostenlose und auch anonyme Angebote. 

Gamblerkid

Spezielle Informationen und auch Beratung für Kinder und Jugendliche mit glücksspielsüchtigen Eltern hält diese Seite parat

Die Online-Beratung von NACOA bietet Einzelchats und Gruppenchats an; du kannst auch eine Mail senden. Deine Anfrage wird innerhalb von 72 Stunden beantwortet.

Fühl Dich herzlich eingeladen, zu uns in den Gruppenchat zu kommen. Der findet immer dienstags von 18 bis 19 Uhr statt. Du kannst auch einen Termin für einen Einzelchat mit uns vereinbaren. 

Telefonisch sind wir immer dienstags von 10 bis 12 Uhr unter 030/ 35122429 erreichbar. Ruf uns gerne an, wenn du Fragen hast oder Hilfe benötigst. 

Auf dieser Seite findest du weitere Infos und auch die Comic-Geschichten von Kindern und Jugendlichen, denen es wie Dir ergeht.

Auch bei KidKit findest du Ansprache. Hier kannst Du Dich auch beraten lassen, wenn Deine Eltern nicht (nur) suchtkrank, sondern (auch) psychisch krank sind. 

Auf dieser Seite findest Du einen Überblick über die Angebote von NACOA und die von KidKit.

Benötigst du dringend Hilfe und es ist außerhalb unserer Sprech-/Chatzeiten? 

Den Kinder- und Jugendnotdienst erreichst du unter 040 428 153200. Hier kannst du anrufen, wenn du dich zu Hause nicht sicher fühlst und nicht mehr weiterweißt. 

Du hast das Recht, dir auch ohne das Wissen deiner Eltern Hilfe zu suchen. Hierzu kannst du dich an Beratungsstellen oder das Jugendamt wenden. 

Eine Übersicht über alle Jugendämter in Deutschland findest du hier

Natürlich kannst du dich auch an die Polizei wenden. Den kostenfreien Polizeinotruf erreichst du unter 110.

Hier findest Du Literatur zum Thema Glücksspielsucht und glücksspielsüchtige Eltern.

Wirf doch mal einen Blick hinein!

Dieses Buch kannst du dir auch kostenfrei als PDF herunterladen:

Mein Papa, die Unglücksspiele und ich

Mein Papa, die Unglücksspiele und ich
2022
Gundi Herget

Das Kinderbuch „Mein Papa, die Unglücksspiele und ich“ erzählt die Geschichte von Alina und ihrer Familie und beinhaltet darüber hinaus Informationen für Kinder und für Eltern zum Thema Glücksspielsucht in der Familie. Im integrierten Sachteil wird für Kinder viel Wissenswertes zum Thema Glücksspielsucht vermittelt, außerdem gibt es weitere hilfreiche Tipps.

Quellen:

pad gGmbH (o.D.). Faules Spiel: Was ist Glücksspiel? (15. Februar 2023) Von https://www.faules-spiel.de/gluecksspiel/

Klein, M., Fischer, L. (2021) Abschlussbericht zur Studie Kinder aus glücksspielsuchtbelasteten Familien – Situation, Folgen, Hilfen. Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen Deutsches Institut für Sucht- und Präventionsforschung

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