Wie geht es Kindern in Suchtfamilien, wenn Kita und Schule wegen Corona geschlossen sind?

BERLIN - Kinderschutzorganisationen warnen im Zusammenhang mit den Ausgangsbeschränkungen sowie Schließungen von Schulen und Kitas vor einer Zunahme häuslicher Gewalt. Das gilt vor allem für Familien, in denen Eltern z. B. suchtkrank sind. Denn oft sind Kita oder Schule für die Kinder der sichere Ort, an dem sie die besten Stunden ihres Tages verbringen. Fallen diese täglichen schützenden Routinen weg, sind die Kinder ganztägig in der Wohnung mit ihren betrunkenen oder anderweitig berauschten Eltern konfrontiert. Darunter leiden sie im Moment noch mehr, als schon zu normalen Zeiten.

Für einige Kinder könnte die Situation lebensbedrohlich werden, so Rainer Rettinger, der Geschäftsführer des Deutschen Kindervereins gegenüber der Deutschen Welle: "Die Enge, sich nicht aus dem Weg gehen können, fördert Konflikte und steigert die Aggressivität", so Rettinger und fügt hinzu, dass Kinder von süchtigen Eltern besonders im Fokus stehen sollten.

Kinderschutzorganisationen fordern vor diesem Hintergrund mehr Unterstützung auf digitalen Plattformen, auch in den sozialen Medien, um Kinder und Familien über bestehende Hilfsprogramme aufzuklären. "Kinder müssen angesprochen und Teil dieser Informationen werden", sagt Stefanie Fried von Save the Children Deutschland. "Momentan werden Kinder hauptsächlich von Erwachsenen informiert, aber die verletzlichsten unter ihnen erhalten gegebenenfalls nicht die richtigen Informationen, vor allem jetzt, wo sie nicht zur Schule gehen."

Die Bedeutung digitaler Zugangswege zu den Kindern betont auch Rainer Rettinger. In einem weiteren Interview gegenüber dem Tagesspiegel  fordert er, dass Medien und Lernplattformen für Kinder die Probleme der akuten Lage aufgreifen und Kindern auch gezielt Ansprechstellen nennen müssen: „Online-Beratungsstellen für Erwachsene und für Kinder müssen in Deutschland mit einem Sofortprogramm finanziell und personell aufgestockt werden.“

Oft sei die Situation von Familien, in denen Kinder potenziell gefährdet sind, Lehrern und Lehrerinnen sowie Kita-Mitarbeitern bekannt. „Sie müssen jetzt aktiv von der Jugendhilfe angesprochen und angehört werden“, sagt Rettinger. Die Jugendhilfe brauche Konzepte zur aufsuchenden Arbeit in Familien und zugleich müssten die am Limit arbeitenden Jugendämter personell verstärkt werden.

Wenn Nachbarn, Freunde oder Verwandte sich um das Wohl eines Kindes in ihrer Umgebung sorgen, sollten sie dies – auch anonym - dem Jugendamt oder einer Hotline für Kinderschutz mitteilen, rät Rainer Rettinger.

geschrieben am 25.3.2020

Quellen: Deutsche Welle und Der Tagesspiegel

Strategien für Angehörige, wie man in Zeiten von Corona mit unfreiwilliger Nähe zu suchtkranken Familienmitgliedern umgehen kann, gibt es hier.

Tipps für Eltern zum Umgang mit ihren Kindern in der Coronakrise gibt es hier.

 

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