Zahlen

Mutter umarmt Mädchen mit einer Flasche Wein in der Hand

In Deutschland leben schätzungsweise sechs Millionen erwachsene Menschen, die als Kinder in süchtigen Familien aufwuchsen. [1]
Derzeit leben circa drei Millionen Kinder mit mindestens einem suchtbelasteten Elternteil. Damit ist jedes 4. bis 5. Kind betroffen. Der Großteil davon, ca. 2,65 Millionen Kinder, lebt in einem Haushalt mit alkoholkranken Eltern, ca. 40.000 bis 60.000 Kinder haben Eltern, die illegale Substanzen konsumieren. [2]
Die Zahl der Kinder, die unter nichtstofflichen Süchten im Elternhaus leiden (Medien- und Onlinesucht, Arbeitssucht, Beziehungssucht, Sexsucht...), lässt sich statistisch nicht erfassen. Der Bundesdrogenbericht 2017 gibt lediglich eine Schätzung der Kinder von glücksspielsüchtigen Eltern, deren Zahl sich zwischen 37.500 und 150.000 bewegt. [3]
Es muss somit davon ausgegangen werden, dass mindestens 10 Prozent der Bevölkerung Deutschlands in ihrer Kindheit durch ein familiäres Suchtproblem belastet wurden bzw. akut belastet sind. Dabei ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen.

Risikogruppe für Sucht und psychische Erkrankungen

Junge

Kinder aus suchtbelasteten Familien (Children of Alcoholics/Addicts = COAs) sind die größte bekannte Risikogruppe für eine spätere eigene Suchterkrankung und tragen eine Reihe weiterer Gesundheitsrisiken. Laut DAK Kinder- und Jugendreport 2018 haben sie um 32 Prozent höhere Gesundheitskosten als Kinder aus nichtsüchtigen Familien. Laut DAK Kinder- und Jugendreport 2021 haben sie ein um das 2,5-fach erhöhtes Risiko für eigenen Suchtmittelmissbrauch und damit verbundener ärztlicher Behandlung, wenn mindestens ein Elternteil suchtkrank ist. Weitere Risikozusammenhänge zeigen sich für elterliche Persönlichkeitsstörungen (3,5-fach höheres Risiko) und diagnostizierte Depressionen (2-fach höheres Risiko für eine Suchterkrankung im Kindes- und Jugendalter. [4]

Eine an der der Universität Hamburg vorgenommene Einschätzung von Gesundheitskosten bei COAs hat folgende Ergebnisse gezeigt:

  • Die Gruppe der Kinder von drogenabhängigen Eltern im Alter bis 18 Jahre weist um 11,5 Millionen Euro erhöhte Krankheitskosten pro Jahr auf.
  • Die Gruppe der Kinder von alkoholabhängigen Eltern im Alter bis 18 Jahre weist um 210 Millionen Euro erhöhte Krankheitskosten pro Jahr auf.
  • Deutlich höhere Gesundheitskosten entstehen in der langfristigen Perspektive durch psychische Erkrankungen von Kindern suchtkranker Eltern im Erwachsenenalter: Ihr Risiko, an Schizophrenie zu erkranken, liegt um 116% höher (alkoholbelastetes Elternhaus). Bei Affektstörungen ist das Risiko um 25% (alkohol-) bzw. 80% (drogenbelastetes Elternhaus) erhöht. Bei Neurosen ist das Risiko um 25% (alkohol-) bzw. 62% (drogenbelastetes Elternhaus) erhöht. Bei Persönlichkeitsstörungen ist das Risiko um 61% (alkohol-) bzw. 80% (drogenbelastetes Elternhaus) erhöht.
  • Die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder aus alkoholbelasteten Familien das Abitur machen, liegt um 15% (Jungen) bzw. 12,7% (Mädchen) niedriger.
  • Die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder aus alkoholbelasteten Familien zu Beginn des Erwerbslebens arbeitslos sind, liegt 24% (Jungen) bzw. 23% (Mädchen) höher. [5] 

Eine Studie des Münchner Instituts für Therapieforschung beziffert anhand internationaler Übersichtsstudien die Zahl der Kinder, die im Jahr 2014 in Deutschland mit einer Fetalen Alkoholspektrum-Störung (FASD) zur Welt kamen, auf 12.650. Darunter waren knapp 3.000 Babys mit einem Fetalen Alkoholsyndrom (FAS), der vollen Ausprägung der Störung. [6] 

Amerikanische Studien belegen, dass die Alkoholkrankheit von Eltern in Bezug auf das gesunde Aufwachsen von Kindern einer der schädlichsten Faktoren überhaupt ist. [7] 

Aber auch unterhalb der Schwelle zur behandlungsbedürftigen Abhängigkeit wird in deutschen Familien zu viel Alkohol getrunken. Bis zu 6,6 Millionen Kinder leben mit einem Elternteil mit riskantem Alkoholkonsum, davon 4,2 Millionen bei einem Elternteil mit regelmäßigem Rauschtrinken. Bei einer Gesamtzahl von 13 Millionen Kindern unter 18 Jahren in Deutschland heißt das, dass jedes zweite Kind in einem Umfeld aufwächst, in dem zu viel Alkohol konsumiert wird. [8] 

Alkoholkonsum ist in Deutschland auf hohem Niveau

Menschen mit Bierflaschen anstoßend

Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) gibt die Zahl der Alkoholabhängigen in Deutschland mit 1, 6 Millionen an. Insgesamt 3 Millionen Erwachsene zwischen 18 und 64 Jahren wiesen 2018 in Deutschland eine alkoholbezogene Störung auf (Alkoholmissbrauch: 1,4 Millionen; Alkoholabhängigkeit: 1,6 Millionen).

Schätzungen zufolge sind  etwa 1,5 bis 1,9 Millionen Menschen in Deutschland medikamentenabhängig, insbesondere von Benzodiazepinen und Z-Substanzen sowie opioidhaltigen Schmerzmitteln.

Nach Hochrechnungen des Epidemiologischen Suchtsurveys aus dem Jahr 2018 sind in Deutschland 309.000 Personen von Cannabis abhängig, eine Kokainabhängigkeit liegt bei 41.000 und eine Amphetamin-Abhängigkeit bei 103.000 Personen vor.

Im Jahr 2020 wurden 1.581 drogenbedingte Todesfälle polizeilich registriert.

Demgegenüber sterben über 62.000 Menschen jährlich an den Folgen des Alkohols. In Deutschland starben 2016 an einer ausschließlich auf Alkohol zurückzuführenden Todesursache 19.000 Frauen und 43.000 Männer.

Mit 314.211 Behandlungsfällen wurde im Jahr 2017 die Diagnose „Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol (F10)“ als zweithäufigste Hauptdiagnose in Krankenhäusern gestellt. [9]  

Der durchschnittliche Alkoholkonsum liegt weltweit bei jährlich 6,13 Litern Reinalkohol pro-Kopf. In Deutschland wurden 2016 13,4 Liter reinen Alkohols pro Kopf konsumiert. In Bier, Wein, Sekt und Schnaps umgerechnet, ergibt dies ergibt 165,6 Liter Fertigware pro Kopf. Das entspricht dem Fassungsvermögen einer Badewanne. Im internationalen Vergleich belegte Deutschland 2016 den 5. Platz. [10] 

Die deutsche Alkoholindustrie gibt jedes Jahr ca. 619 Millionen Euro für Werbung aus. Die volkswirtschaftlichen Schäden, die jedes Jahr in Deutschland durch Alkohol entstehen, werden mit knapp 40 Milliarden Euro angegeben. [11]  
Der deutsche Fiskus nimmt demgegenüber jährlich 3,1 Milliarden Euro an Alkoholsteuer ein. Wie viele Familien durch Alkohol oder andere Suchtmittel zerstört werden, ist in keiner Statistik erfasst.

Mehr Zahlen und Fakten halten wir hier für Sie zum Herunterladen bereit:

Wichtige Fakten über Kinder aus Suchtfamilien  National Association for Children of Alcoholics, USA 

Wie Deutschland im internationalen Vergleich dasteht, zeigt die interaktive Weltkarte des Akoholkonsums

Quellen

[1] Pfeiffer-Gerschel, T., Kipke, I., Flöter, S. & Jakob, L. (2013): Bericht 2013 des nationalen REITOX-Knotenpunkts an die EBDD. Neue Entwicklungen und Trends. Drogensituation 2012/2013. München: Deutsche Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht DBDD.

[2]  Jahresbericht der Drogenbeauftragten der Bundesregierung 2020, S. 34
Klein, Michael: Kinder suchtkranker Eltern - Fakten, Risiken, Lösungen. In: Familiengeheimnisse - wenn Eltern suchtkrank sind und die Kinder leiden. Dokumentation der Fachtagung vom 4. und 5. Dezember 2003, Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (Hrsg.). Download als PDF-Datei hier
Lachner, G. / Wittchen, H. U. (1997): Familiär übertragene Vulnerabilitätsmerkmale für Alkoholmissbrauch und -abhängigkeit.
In: Watzl, H. / Rockstroh, B. (Hrsg.): Abhängigkeit und Missbrauch von Alkohol und Drogen. Hogrefe, Göttingen, S.43ff.

[3] Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung 2017, S. 83ff

[4] DAK Gesundheit (Hrsg): Kinder- und Jugendreport 2021. Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Schwerpunkt: Suchterkrankungen, medhochzwei Verlag GmbH, Heidelberg, 2021, S. 152f.
siehe auch:
Children of Alcoholics Foundation (1988): Children of Alcoholics in the Medical System: Hidden Problems and Hidden Costs.
Ray GT, Mertens JR, Weisner C. (2007): The excess medical cost and health problems of family members of persons diagnosed with alcohol and drug problems, Medical Care 45(2), 116–22.

[5] Effertz, Tobias: Kosten bei Kindern aus Suchtfamilien: Die volkswirtschaftliche Dimension eines kaum beachteten Problems. Vortrag anlässlich des Fachtages „Zehn Jahre NACOA Deutschland: Kinder aus Suchtfamilien – auf dem Weg vom Schatten ins Licht“ am 5.9.2014. Grundlage der Berechnungen war eine für Deutschland repräsentative Datenbasis. Download hier

[6] Kraus, Ludwig et al. (2019): Quantifying harms to others due to alcohol consumption in Germany: a register-based study, BMC Medicine. 

[7] Anda, Robert (2006):The Health and Social Impact of Growing Up With Alcohol Abuse and Related Adverse Childhood Experiences: the Human and Economic Costs of the Status Quo. San Diego. Download hier 

[8] Robert-Koch-Institut: Abschlussbericht: Entwicklung von bundesweit aussagekräftigen Kennziffern zu alkoholbelasteten Familien; Bundesministerium für Gesundheit (Hrsg.), Berlin 2016. Download als PDF-Datei hier

[9] Zahlen, Daten, Fakten der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen https://www.dhs.de/suechte/

[10] WHO: Global status report on alcohol and health 2018: https://www.who.int/publications/i/item/9789241565639

[11] Adams, Michael, Effertz, Tobias (2015): Die volkswirtschaftlichen Kosten gefährlichen Konsums. Eine theoretische und empirische Analyse für Deutschland am Beispiel Alkohol, Tabak und Adipositas, Frankfurt /Main

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