Drogenbeauftragte zu Hilfen für COAs: Kommunen, Länder und Bund müssen sich bewegen

BERLIN - Unter dem Titel „Die Kinder aus dem Schatten holen!“ hat die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler, ihre Jahrestagung im mit 400 Teilnehmer/innen restlos ausgebuchten Café Moskau in Berlin veranstaltet. Nach Mortlers Einschätzung leben in Deutschland knapp drei Millionen Kinder in Familien mit mindestens einem suchtkranken Elternteil. 2,65 Millionen Kinder sind von der Alkoholabhängigkeit ihrer Eltern betroffen. Über 60.000 Kinder haben mindestens einen opiatabhängigen Elternteil.

Während die Bundesregierung vor einem Monat in einer Antwort auf eine kleine Anfrage der Fraktion Die Linke keinen Gesetzgebungsbedarf für eine bessere Versorgung der Kinder erkennen mochte (vgl. NACOA-Neuigkeit vom 23.5.2017), erklärte Mortler: „Hier müssen sich alle bewegen: Kommunen, Länder, Bund, aber auch Kranken- und Rentenversicherung.“ Neben der Notwendigkeit besserer Finanzierung betonte sie, dass ein funktionierendes Hilfenetz erst dadurch entsteht, wenn in jeder Kommune Jugendhilfe, Suchthilfe, öffentlicher Gesundheitsdienst, Ärzte sowie andere soziale Behörden und Einrichtungen ernsthaft zusammenarbeiten. Hinsichtlich der Verantwortung des Bundes erklärte Mortler: „Er muss die Zusammenarbeit der Sozialsysteme weiter stärken. Kein Kind darf auf der Strecke bleiben, nur weil es bei der Zusammenarbeit der Kostenträger hakt.“

Arbeitgsgruppe soll Schnittstellenprobleme benennen

Ein erster Schritt in diese Richtung soll noch in dieser Woche im Deutschen Bundestag erfolgen. Mit einem gemeinsamen Antrag von Union, SPD und Grünen soll u. a. eine zeitlich befristete interdisziplinäre Arbeitsgruppe für das Thema Kinder psychisch kranker (und suchtkranker) Eltern eingesetzt werden. Mit diesem Antrag wird sichergestellt, dass sich nach der Bundestagswahl auch der nächste Deutsche Bundestag mit dem Thema befassen muss. Die Expert/innen sollen insbesondere jene nicht funktionierenden Schnittstellen innerhalb der verschiedenen Sozialgesetzbücher identifizieren, die in der Praxis immer wieder dazu führen, dass Kinder durch die Maschen der Hilfesysteme Jugendhilfe, Suchthilfe und Gesundheitswesen rutschen.

Als ein Beispiel guter Praxis wurde auf der Tagung u.a. die Stadt Dresden vorgestellt, wo es unter Federführung der kommunalen Drogenbeauftragten gelungen ist, eine vertrauensvolle und effiziente Zusammenarbeit aller relevanten Hilfesysteme zugunsten der Kinder suchtkranker Eltern zu organisieren.

Problemfall: Schule

Als große Herausforderung wurde die Einbeziehung der Schulen in kommunale Netzwerke ausgemacht. Die Drogenbeauftrage forderte: „Es kann nicht sein, dass Lehrerinnen und Lehrer auf betroffene Kinder stoßen und nicht wissen, an wen sie sich wenden sollen. Wir brauchen klare Ansprechpartner für Lehrer und Erzieher in den Kommunen.“ Um in der Lehrerschaft Sensibilität für die Kinder und die Kooperationsbereitschaft mit anderen Professionen zu wecken, wird die Geschäftsstelle der Drogenbeauftragten in Kürze bundesweit ein Poster mit Basisinformationen an Schulen verschicken, das in den Lehrerzimmern ausgehängt werden soll. Auf dem Poster ist auch Freiraum vorhanden, um eine/n Ansprechpartner/in vor Ort einzutragen.

Damit Kinder und Jugendliche bundesweit geeignete Hilfe online finden können, fördert das Bundesministerium für Gesundheit das Projekt KidKit networks.

Zum Abschluss betonte die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, dass ihre Jahrestagung kein Selbstzweck sei. Sie sei entschlossen, sich über den Tag hinaus für die Kinder suchtkranker Eltern politisch zu engagieren.

Quellen: www.drogenbeauftragte.de und Bericht von NACOA

Tagungsbroschüre  u.a. mit aktuellen Zahlen

Vergleiche NACOA-Neuigkeit vom 23.5.2017
 

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