Bundesregierung sieht keinen Gesetzgebungsbedarf zu Hilfen für Kinder psychisch kranker und suchtkranker Eltern

BERLIN - Auf die Kleine Anfrage der Linken Bundestagsfraktion zum Thema  „Mögliche Probleme bei der Versorgung von Kindern psychisch kranker und suchtkranker Eltern“ hat die Bundesregierung mit Bundestagsdrucksache 18/12247 geantwortet. Zu den Antworten der Bundesregierung nimmt NACOA Deutschland - Interessenvertretung für Kinder aus Suchtfamilien e. V. wie folgt Stellung:

Die Bundesregierung stellt sich in ihrer Antwort auf die kleine Anfrage auf den Standpunkt, dass die bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten für die flächendeckende Versorgung von Kindern suchtkranker und psychisch kranker Eltern ausreichen (S.28 und zuvor schon Bundestags-Drucksache 18/11365 , S. 49). Insbesondere wird auf die Ansprüche auf Familienorientierte Rehabilitation (FOR) nach dem Sozialgesetzbuch V (gesetzliche Krankenversicherung) und auf Hilfe zur Erziehung nach SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfe) verwiesen (S.13).

Die Bundesregierung verkennt dabei, dass Kinder aus diesen beiden Gesetzbüchern ohne die Mitwirkung ihrer Eltern keine eigenständigen Ansprüche auf präventive medizinische Hilfen oder solche der Jugendarbeit (z.B. Gruppenangebote) haben. Da bei Sucht und psychischer Erkrankung eben diese Mitwirkungsbereitschaft der Eltern krankheitsbedingt in den wenigsten Fällen vorhanden ist, bleiben die von der Bundesregierung genannten Rechtsansprüche auf Hilfe in der Praxis für die allermeisten der betroffenen Kinder unerreichbar. Sie bieten auch keine Lösung für den Missstand, dass Kindern aus suchtbelasteten Familien in Deutschland immer erst dann Hilfen zugestanden werden, wenn sie bereits Krankheitssymptome oder Verhaltensauffälligkeiten zeigen, die auf das Aufwachsen in einem schädigenden Umfeld zurückzuführen sind. Die Bundesregierung ignoriert mit dem Verweis auf die Ansprüche aus SGB V und VIII die Forderung nach einem individuellen Rechtsanspruch der Kinder und Jugendlichen auf Hilfe, unabhängig davon, ob ihre Eltern bereits Hilfe für ihr Suchtproblem in Anspruch nehmen oder nicht. Diese Forderung war im Übrigen bereits Bestandteil der 2004 unter der damaligen Bundesdrogenbeauftragten formulierten Zehn Eckpunkte zur Verbesserung der Situation von Kindern aus suchtbelasteten Familien. Wenn die Bundesregierung in der Antwort auf die kleine Anfrage nun behauptet, diese Eckpunkte seien inzwischen umgesetzt (S. 26), muss dem widersprochen werden.

Die Bundesregierung propagiert das im Rahmen eines Bundesmodellprojektes entwickelte Präventionsprogramm „Trampolin“ als „qualitativ hochwertiges, evidenzbasiertes Angebot für Kinder aus suchtbelasteten Familien“ (S.25) . Sie verkennt jedoch, dass „Trampolin“ als Kurzintervention angelegt  ist und damit gerade das zentrale Bedürfnis der Kinder nach tragenden Beziehungen nicht erfüllt. Fruchtbar werden pädagogische und therapeutische Bemühungen  da, wo Kinder und pädagogische Begleiter über einen längeren Zeitraum miteinander in Kontakt sind. Nur so können die Kinder stabile und belastbare Bindungsangebote erfahren, die in den Beziehungen zu den suchtkranken Eltern oft nicht möglich sind. Kurzfristige Angebote im Sinne von „Schutzimpfungs-Maßnahmen“ zeigen keinen nachhaltigen Erfolg. Dringend notwendig wäre daher der Ausbau langfristig angelegter, präventiver Hilfen. Die Bundesregierung gibt in ihrer Antwort auf die kleine Anfrage der Linken keine Hinweise, wie solche Angebote künftig finanziert werden sollen. Folglich besteht weiter Gesetzgebungsbedarf hinsichtlich der Finanzierung von flächendeckenden Hilfen für die Kinder suchtkranker Eltern.  

Vergleiche NACOA Neuigkeiten vom

17.05.17

02.05.17

03.03.17

23.05.17
Nachricht von NACOA

 

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