Aufruf zur 14. Bundesweiten Aktionswoche für Kinder aus suchtbelasteten Familien 12. bis 18. Februar 2023

Schluss mit dem Stigma!

Rund drei Millionen Kinder- und Jugendliche in Deutschland wachsen mit mindestens einem suchtkranken Elternteil auf. Die Krankheit der Erwachsenen belastet ihre Kinder auf vielfältige Art und Weise, auch wegen der Stigmatisierung von Abhängigkeitserkrankungen. Studien zeigen, dass suchtkranke Menschen im medizinischen und sozialen Hilfesystem, in der Arbeitswelt, in den Medien und im sozialen Umfeld geringgeschätzt und abwertend dargestellt werden. Obwohl Abhängigkeit in allen Milieus vorkommt, wird sie in ihrer Wahrnehmung an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Das hat negative Folgen, nicht nur für die Betroffenen, sondern auch und gerade für ihre Kinder. Denn das Stigma verstärkt den vermeintlichen Zwang zum Schweigen und Tabuisieren der Krankheit innerhalb und außerhalb der Familie. Die Hürde zum möglicherweise rettenden Gespräch mit Außenstehenden und zu Hilfsangeboten wird so noch höher.

Fachleute fordern schon seit langem eine Anti-Stigmatisierung von Suchtkranken und ihren Angehörigen, etwa im Memorandum "Das Stigma von Suchterkrankungen verstehen und überwinden" von 2017. Und auch der Bundestag hat bereits 2017 die Dringlichkeit erkannt und beschlossen, Maßnahmen zur Entstigmatisierung von psychischen Krankheiten zu ergreifen. Tatsächlich entstanden in der Folgezeit zahlreiche Broschüren, Informationsmaterial, Websites und das Aktionsbündnis "Seelische Gesundheit". Eine übergreifende Strategie, die etwa auch die Berücksichtigung des Themas in Lehrplänen von pädagogischen Berufen umfasst, fehlt aber weiterhin. Dass es anders geht, zeigt das Beispiel Österreich. Dort wurde 2019 die "Kompetenzgruppe Entstigmatisierung" gegründet, ein Team von Expert*innen aus unterschiedlichen Bereichen, die ein koordiniertes und multistrategisches Vorgehen gegen das Stigma psychischer Erkrankungen in Österreich entwickeln sollen und bereits einen ersten Zwischenbericht vorgelegt haben.

Daher macht sich NACOA Deutschland stark für einen echten Einstieg in die Entstigmatisierung von Suchtkrankheiten und damit auch der Angehörigen von suchtkranken Menschen. Die COA-Aktionswoche will dazu beitragen, dem Stigma von Abhängigkeit ein Ende zu setzen: Schluss mit dem Stigma!

Leider ist das Thema Entstigmatisierung nicht das einzige, das wir gemeinsam angehen wollen. Offen ist weiterhin die Frage, wie ein regelfinanziertes und flächendeckendes Netz der Hilfe geschaffen werden kann. Jedes fünfte Kind in Deutschland wächst in einer suchtbelasteten Familie auf. Deshalb reichen die rund zweihundert bestehenden Einrichtungen lange nicht aus. Bund, Länder und Kommunen stehen weiterhin in der Pflicht, die Versorgungslücke zu schließen. Jedem betroffene Kind muss die Möglichkeit zur Verfügung stehen, ein fachliches Angebot in seiner Wohnortnähe zu erreichen. Auch Online-Beratungsangebote müssen endlich eine gesicherte finanzielle Grundlage erhalten. 

Wie in jedem Jahr, soll die bundesweite Aktionswoche für Kinder aus Suchtfamilien die politischen Forderungen mit zahlreichen Veranstaltungen und Aktionen unterstreichen. Alle Einrichtungen, Initiativen, Projekte aus Jugend- und Suchthilfe und der Sucht-Selbsthilfe und ihre Verbände sind eingeladen mitzumachen und ihre Veranstaltung auf der Website der Aktionswoche einzutragen. Die Veranstaltungen sorgen dafür, die Kinder- und Jugendlichen von ihrem Stigma zu befreien, Wissen zu vermitteln, Hoffnung zu verbreiten und betroffenen Familien Wege zu Hilfe zu weisen. 

Alle Informationen zu Veranstaltungen und Anregungen zum Mitmachen finden sich auf der Website www.coa-aktionswoche.de Kontakt: info@coa-aktionswoche.de

Die Aktionswoche für Kinder aus Suchtfamilien wird im Rahmen der Selbsthilfeförderung nach § 20 h Sozialgesetzbuch V finanziert durch die GKV. 

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