12.04.16 Potsdam: Acht Thesen, was Suchthilfe für Familien tun kann

Als Fazit des 39. Bundesdrogenkongresses sind acht Thesen erarbeitet worden, was Suchthilfe für Familien tun kann:

1. Fachkräfte in der Suchthilfe müssen in Erfahrung bringen, ob Klient/innen Kinder haben. Sie müssen ihre Erziehungsfähigkeit abschätzen und die Situation im Haushalt beurteilen. Das gilt auch bei Aufnahme und Entlassung in der Reha in in Angeboten der Eingliederungshilfe.

2. Um Familien mit Suchterkrankungen kompetent versorgen zu können, benötigen die Teams ausreichend Ressourcen (Kompetenz, Zeit und Finanzierung), sich den Angehörigen tatsächlich und längerfristig widmen zu können. Diese Voraussetzungen zu schaffen ist Aufgabe staatlicher Daseinsvorsorge.

3. An die Kinder von suchtkranken Eltern direkt gerichtete Hilfen sind in Deutschland bislang noch viel zu selten vorhanden, was aber nicht so bleiben muss, allein schon weil es nicht so bleiben darf!

4. Geschlechterbezogene Stereotypen oder moderne Rollenerwartungen bestimmen die Haltung der Eltern im Umgang mit ihren Kindern. Geschlechterdifferenzierte und an der Lebenslage der Betroffenen orientierte Angebote müssen integraler Bestandteil aller Konzepte sein.

5. Es gibt einen Zusammenhang zwischen Trauma, Suchtentwicklung und desorganisiertem Bindungsverhalten. Drogenabhängige Frauen, die Bindungstraumatisierungen erleben mussten, können keine Bindungssicherheit an ihre Kinder weiter geben. Sie benötigen eine intensive, empathische, bindungsorientierte Unterstützung und Begleitung, um günstigstenfalls eine gelingende Beziehung zu ihrem Kind aufzubauen.

6. Hebammenhilfe ist grundsätzlich positiv konnotiert und wird mit Begleitung schöner Lebensveränderungen assoziiert. Es fällt suchtbetroffenen Familien oft leichter, diese Unterstützung anzunehmen als Angebote der Jugendhilfe. Hebammen können in den frühen Hilfen Türöffnerinnen für die Familien sein und ein gutes Ankommen im Hilfesystem unterstützen.

7. Alle psychotropen Substanzen gelangen, in der Schwangerschaft konsumiert, durch die Plazentaschranke und wirken auf die Entwicklung des ungeborenen Kindes. In einer angepassten Risikoberatung und mit notwendigen Interventionen lassen sich das Konsumverhalten verändern und somit die Risiken für das Kind und den Verlauf der Schwangerschaft minimieren.

8. Bei substituierten Eltern besteht durch die regelmäßigen Arztkontakte theoretisch schon sehr viel früher die Möglichkeit, das Hilfesystem mit einzubeziehen. Dazu müssen vor allem substituierende Ärzte verbindlich im Netzwerk der Suchthilfe mitwirken.

Quelle: Fachverband Drogen- und Suchthilfe

 

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